Tachomanipulation

Aufgepasst: Tachomanipulation beim Gebrauchtwagenkauf

Der Gebrauchtwagenmarkt in Deutschland ist hart umkämpft. Im Jahr 2019 haben mehr als sieben Millionen gebrauchte Fahrzeuge den Besitzer gewechselt. Dabei wurde ein Umsatz von knapp 90 Milliarden Euro erzielt. Obwohl die Nachfrage zuletzt rückläufig war, wird auch in den kommenden Jahren mit einem großen Umsatzvolumen gerechnet. 

Eine wichtige Maßgabe, die beim Gebrauchtwagenhandel berücksichtigt wird, ist der Kilometerstand. Hieran lässt sich meist am besten erkennen, in welchem Gesamtzustand sich das Fahrzeug befindet. Doch das bietet Potential für Betrüger: Die Tachomanipulation, auch Tachojustierung genannt, gilt als große Gefahr beim Gebrauchtwagenkauf. Das Zurückdrehen der analogen und auch digitalen Kilometerzähler ist ein Kinderspiel, kann den Wert eines Gebrauchtwagens jedoch stark verändern. Aus diesem Grund klären wir darüber auf, wie die Veränderung des Tachos funktioniert, woran Sie eine Manipulation erkennen können und welche Möglichkeiten Ihnen im Falle eines Betruges offenstehen.

Tachomanipulation bei jedem dritten Gebrauchtwagen

Laut Ermittlungen der Polizei ist jeder dritte Gebrauchtwagen, der in Deutschland verkauft wird, am Tachometer manipuliert. Das liegt vor allem daran, dass moderne Fahrzeuge keinen Schutz gegen das Zurückdrehen aufweisen. Dabei stört es die Betrüger nicht einmal, dass eine hohe Geldstrafe oder sogar eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren droht. Denn mit dem Zurückdrehen der Laufleistung machen die dubiosen Gebrauchtwagen-Verkäufer bares Geld: Durch den verfälschten Kilometerstand erhöht sich der Wert der Gebrauchtwagen durchschnittlich um 3000 Euro. Auf diese Weise entsteht in Deutschland jährlich ein Schaden von über sechs Milliarden Euro.
Insbesondere Privatkäufer sollten aufpassen, denn sie sind besonders gefährdet. Nicht nur, dass sie im Falle einer Manipulation deutlich mehr Geld für ihren Gebrauchtwagen zahlen als er eigentlich wert ist. Durch das Zurückdrehen der Tachostände drohen teure Folgeschäden. Wenn der Zahnriemen nicht gewechselt wird, obwohl der Austausch laut tatsächlichem Kilometerstand eigentlich notwendig wäre, drohen kostenintensive Defekte, sogar bis zum kapitalen Motorschaden. Die Nichteinhaltung der Serviceintervalle kann somit schlimmstenfalls zum wirtschaftlichen Totalschaden führen.

Geräte zur Tachojustierung sind legal erhältlich

Um den Tachostand bei modernen Fahrzeugen manipulieren zu können, reicht ein günstiges Elektrogerät, das in Deutschland sogar legal erhältlich ist. Über die enthaltene Software kann der gespeicherte Kilometerstand variabel verändert werden. Die Geräte kosten je nach Fahrzeug zwischen 50 und 500 Euro. Ein Verbot macht keinen Sinn, da Hersteller und Anbieter meist im Ausland zu finden sind. Kriminelle und Betrüger würden sich von einem Verbot kaum abschrecken lassen, stattdessen könnten Fachwerkstätten in Schwierigkeiten geraten. Denn die Tachojustierung ist ein wichtiger Eingriff in die Technik des Automobils. Dabei handelt es sich nicht um die einfache Veränderung des Kilometerstandes, sondern um die Anpassung der Wegimpulszahl. Diese Tachokonstante beschreibt das Verhältnis zwischen der zurückgelegten Strecke und der Umdrehung der Tachowelle. Eine Anpassung der Wegimpulszahl ist beispielsweise notwendig, wenn das Fahrzeug mit einer neuen Reifengröße ausgestattet wird.

Tachomanipulation: So einfach geht‘s!

Der Eingriff in den Tachometer des Fahrzeugs darf ausschließlich von einer Fachwerkstatt durchgeführt werden – und dennoch schreckt es Betrüger nicht davon ab, auch selbst am Kilometerstand zu drehen. Kein Wunder, denn die Tachomanipulation ist ein Kinderspiel und meist in wenigen Minuten erledigt. Die Geräte, die legal zu kaufen sind, werden dafür an den Diagnose-Stecker angeschlossen, der bereits seit dem Jahr 2000 für jedes Fahrzeug vorgeschrieben ist. Er befindet sich meist im Bereich des Fahrers, im Fußraum oder in der Mittelkonsole. Über die Software der Geräte kann auf das System zugegriffen und der Kilometerstand somit angepasst werden. Beispiel: Aus 150.000 gefahrenen Kilometern wird in kürzester Zeit ein Tachostand von 60.000 Kilometern. Und das bringt beim Gebrauchtwagenverkauf eine deutliche Wertsteigerung.

Ist Tachomanipulation strafbar?

Der Erwerb der notwendigen Geräte ist erlaubt, die eigentliche Tachomanipulation hingegen nicht. Denn die Veränderung des Tachostands ist seit dem 17. August 2005 verboten. Damals setzte sich der ADAC dafür ein und erwirkte im Straßenverkehrsgesetz die Ergänzung des Paragraphen 22 b. Dieser besagt, dass eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe droht, wenn die Messung eines Wegstreckenzählers verfälscht wird, beispielsweise durch äußere Einwirkung oder eine Beeinflussung des Messvorgangs. Weiterhin ist es strafbar, die bestimmungsgemäße Funktion eines Geschwindigkeitsbegrenzers durch äußere Einwirkung aufzuheben oder zu beeinträchtigen. Die Vorbereitung, beispielsweise durch die Erstellung einer entsprechenden Software, sowie das öffentliche Bewerben der Dienstleistung, etwa in Zeitungen oder im Internet, wird ebenfalls unter Strafe gestellt.

So können Käufer sich vor Tachomanipulation schützen

Die Tachomanipulation wird vor allem beim Privatkauf genutzt – also von privaten Verkäufern zu privaten Käufern. Natürlich gibt es auch dubiose Gebrauchtwagen-Händler, insbesondere kleinere Hinterhof-Verkäufer, bei denen am Tachostand getrickst wird. Bei großen Autohäusern oder geprüften Gebrauchtwagenverkäufern sollten Sie hingegen relativ sicher sein – obwohl auch hier keine Garantie zu geben ist. Sie sollten darauf bestehen, dass im Kaufvertrag die schriftliche Angabe der „tatsächlichen Laufleistung“ zu finden ist und nicht der Hinweis „Kilometerstand laut Tacho“. Natürlich können Sie auch Kontakt zum Vorbesitzer aufnehmen, um Fragen zu stellen und die Laufleistung zu überprüfen. Am besten achten Sie auf Ihren gesunden Menschenverstand sowie auf wichtige Anhaltspunkte, an denen Sie eine Tachomanipulation erkennen können.

Wie erkennt man die Tachomanipulation?

Es ist nicht einfach, eine Manipulation des Tachometers zu erkennen. Der Vorgang des Veränderns lässt sich hinterher nicht nachweisen, sodass Sie allein auf andere Tatsachen angewiesen sind, um eine mögliche Manipulation sichtbar zu machen. Wenn Sie einen Gebrauchtwagen kaufen, sollten Sie nicht allein auf den Kilometerstand achten. In welchen Zustand befindet sich das Fahrzeug? Wie stark ist der Rostbefall? Gibt es Undichtigkeiten im Motorraum? Und wie sehen Lenkrad, Bremsen, Reifen und Fahrwerk aus? Übermäßige Abnutzungen passen nicht mit der geringen Laufleistung zusammen. In jedem Fall sollten Sie eine Probefahrt machen, um Geräusche und Fahrverhalten zu prüfen. Achten Sie beispielsweise auf alte TÜV-Berichte, Werkstattrechnungen oder die Aufkleber beziehungsweise Anhänger des Ölwechsels. Hierbei wird meist auch der Kilometerstand notiert. Gibt es Unstimmigkeiten, dann liegt möglicherweise ein Betrug vor. Das Scheckheft fehlt? Aufgepasst! Wenn Sie nur wenig Erfahrung haben, dann lassen Sie das Fahrzeug von einem Bekannten oder sogar einem Sachverständigen prüfen. Das ist oft für wenig Geld möglich, kann Ihnen jedoch hohe Kosten ersparen. In einer Werkstatt lassen sich zudem die Fehler- und Wartungsintervall-Speicher auslesen, die Sie mit Prüf- und Werkstattberichten vergleichen können. Bei einigen Fahrzeugen wird der Kilometerstand auch an zusätzlichen Speicherorten gesichert, etwa im elektronischen Zündschloss oder in anderen Steuergeräten. Bei einem Betrug werden diese Speicherungen meist nicht angepasst, sodass die Veränderung hiermit nachgewiesen werden kann. Die Werkstatt sollte bei dieser Gelegenheit auch das Produktionsdatum der Steuergeräte prüfen, das mit dem Herstellungsjahr des Fahrzeugs übereinstimmen sollte. Wenn kein Austausch, etwa nach Defekt oder Unfall, nachgewiesen wird, dann müssen Sie vorsichtig sein.

Möglichkeiten bei Tachobetrug: Rückabwicklung, Minderung oder Schadensersatz

Auch, wenn der Kaufvertrag unterschrieben wurde und das Fahrzeug bei Ihnen in der Garage steht, können Sie im Fall einer Tachomanipulation noch handeln. Es gibt spezielle Anwälte, die Ihnen bei einem Tachobetrug zur Seite stehen. Der Autoverkäufer muss Werkstattunterlagen sowie alte Kaufverträge herausgeben, damit die Manipulation möglicherweise nachgewiesen werden kann. Auch ein Gutachter kann dabei helfen, den Betrug aufzudecken. Dann können Sie vom Kaufvertrag zurücktreten und das Geld zurückverlangen. Eventuell dürfen Sie das Auto behalten und lediglich eine Wertminderung oder einen Schadensersatz einklagen. Eine Anzeige können Sie erstatten, wenn nachgewiesen wird, wer die Tachomanipulation durchgeführt hat, doch das ist erfahrungsgemäß schwierig. Mit einem erfahrenen Anwalt lässt sich immerhin der Schaden ausgleichen, sodass Sie mit einem blauen Auge am Tachobetrug vorbeikommen.

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